By . Henry Bedros Kipha
(Paris/France)
Interview mit
Henri Bedros Kifa
von Z. Joseph
Würden
Sie sich unseren Lesern vorstellen?
Shlomo wa Hubo allen euren
Lesern,
ich möchte mich bei euch für dieses
Interview und besonders für all das, was ihr
tut, um unsere einzig wahre
syrisch-aramäische Identität zu verteidigen,
bedanken.
Es ist an der Zeit, dass unsere Nation
erwacht. Es liegt an uns, dies zu
ermöglichen und vom Fortschritt der
Wissenschaften, vor allem des Internets,
welche uns die Möglichkeit geben,
miteinander zu kommunizieren und vielleicht
lernen gemeinsam zu arbeiten, um unsere
Sache zu verteidigen, Nutzen zu ziehen. Mit
Vergnügen antworte ich auf eure Fragen.
Ich bin in Beirut im Libanon im Jahre 1955
geboren. Meine Eltern sind in Urhoy geboren,
mein Vater ist aramäischer Herkunft und
meine Mutter Armenierin. Geschichte ist
meine Leidenschaft; ich habe sechs Jahre
Geschichte in der libanesischen Universität
studiert, wo ich mein Diplom mit
hervorragenden Noten erworben und von der
libanesischen Regierung ein Stipendium für
die Promotion von fünf Jahren erhalten
hatte.
1983 habe ich meine ausführliche
Diplomarbeit an der Universität von Sorbonne
in Paris zum Thema "Ursachen und Folgen der
Trennung der syrisch-aramäischen Kirche
während des Konzils von Chalkedon 451 und
der arabischen Herrschaft 636"
veröffentlicht.
Aus welchem Grund
haben Sie sich entschieden,
Syrologie/Geschichte zu studieren?
Erst einmal ist es eine Leidenschaft, doch
der wirkliche Grund war während des Krieges
im Libanon zwischen 1975 und 1976. Ich sah
junge Aramäer, die aus anderen Ländern kamen
und sich töten ließen ohne dass ihre Eltern
an ihrem Begräbnis teilnahmen. Ihr Heldenmut
hat in mir dieses zarte Gefühl erweckt,
einem aramäischen Volke anzugehören und dass
man für seine Sache kämpfen muss.
Ich habe viele Opfer gebracht um das
Stipendium der libanesischen Regierung zu
gewinnen; in Wirklichkeit wird es dem ersten
(besten) verliehen.
Ihre Eltern sind in
Urhoy geboren. Welchen Stellenwert hat diese
Stadt für unser Volk?
Es hat mehrere Stellenwerte:
a - Urhoy ist die Hauptstadt des
Königreiches von Osrhoene und Hauptstadt
ganz Mesopotamiens, welches sich in der
syrischen Jazira und nicht im Irak befindet.
Der Süden Iraks wurde in seiner alten
Geschichte niemals Mesopotamien genannt,
noch gehörte das antike Assyrien unserem
Beth Nahrin an, das die Juden Aram-Nahrin
nannten.
b - Urhoy spielte eine große Rolle für die
Ausbreitung des Christentums unter unserem
aramäischen Volke. Die Legende vom
Briefwechsel zwischen König Abgar und
Christus misst der Stadt Urhoy noch mehr
Bedeutung unter unseren Vorfahren bei. Ich
habe mehrere Texte in syrisch gefunden, die
von Urhoy als "Stadt der Schönheit"
sprechen.
c - das Fest des Heiligen Ephrem ist mit der
Stadt Urhoy verbunden. Manchmal vergisst
man, dass der Heilige Ephrem in Nisibis 307
geboren wurde und dort bis 363 gelebt hat.
In Urhoy lebte er von 363 bis zu seinem Tod
im Jahre 373.
d - Die Feier der Schule von Edessa (der
griechische Name der Stadt) und besonders
ihre Rolle des Zentrums für die Kultur und
die griechische Sprache.
e - schließlich hat der syrische Dialekt von
Urhoy die anderen syrischen Dialekte
verdrängt und sich im ganzen syrischen
Orient verbreitet.
Haben Sie die Stadt
ihrer Vorfahren besucht?
In Wirklichkeit hatte ich niemals diesen
Wunsch die Stadt meiner Vorfahren zu
besuchen. Ich habe mehrere Male meiner
Mutter zugehört, die sich wünschte, dass ich
die Stadt Urhoy besuche, wenn auch nur für
ein einziges Mal.
Doch ich selbst hatte niemals diesen Wunsch
bis zum Tode meines Vaters im Jahre 1981.
Mein Vater ist in Urfa (der türkische Name
Urhoys) im Jahre 1908 geboren. Er wurde im
Jahre 1924 im Alter von 16 Jahren
vertrieben, doch mein Vater hat mir nie was
von seiner Stadt oder von seinen
Erinnerungen erzählt. Vor seinem Tod war ich
ganz allein mit ihm und es war die
Lebhaftigkeit zu sterben und in letzter
Sekunde seines Lebens schaute er mich an und
schrie zweimal die Worte "Urfa! Urfa!" und
er verstarb. Diese zwei Worte veränderten
mein Leben und drängten mich die Geschichte
dieser Stadt und seines Volkes zu lernen.
Ich verspürte ein Verlangen mit meiner Frau
und meinen Kindern Urhoy zu besuchen. Ich
bin mit der Stadt meiner Vorfahren sehr
verbunden. Die Namen meiner beiden Töchter
sind "Beth Nahrin" und "Edessa - Urhoy".
Ich weiß, dass es viele in unserem Volke
gibt, die ihren Kindern Namen geben, die
eine Beziehung zu unserer Geschichte haben.
Ich habe einen Sohn; er ist sechs Jahre alt.
Seit Jahren weiß er, dass sein Vorname
"Aryo" Löwe bedeutet und dass es der Name
eines aramäischen Königs von Urhoy war!
Gabriel Afram hat sein Wörterbuch
"Schwedisch-Assyrisch" genannt und sogar der
Patriarch der Nestorianer spricht von
unserer "Assyrischen" Sprache. Ist der
Terminus "Assyrisch" für unsere
syrisch-aramäische Sprache korrekt wie
einige unseres Volkes behaupten?
Ich weiß nicht, wie es dieser Gabriel Afram
nur wagt, den historischen und
wissenschaftlichen Namen unserer
syrisch-aramäischen Sprache zu verfälschen.
Ihr solltet wissen, dass die antiken Assyrer
niemals eine assyrische Sprache sprachen.
Sie sprachen akkadisch wie alle antiken
Völker. Man braucht nur in die Einleitung
des berühmten assyrischen Wörterbuchs aus
Chicago und in die erste Seite zu sehen.
Dort heißt es, dass die Assyrer akkadisch
sprachen und sie ihre Sprache als "die
akkadische Sprache" bezeichneten. Und wenn
ihr in die "THE CAMBRIDGE ENCYCLOPEDIA OF
THE WORLD'S ANCIENT LANGUAGES ED. R.D.
WOODARD 2004 " schaut, werdet ihr nie
irgendeine Erwähnung über eine "assyrische
Sprache" finden, aus dem einfachen Grund,
weil es niemals eine "assyrische Sprache"
gab. Hingegen gibt es eine Studie von
HVEHNERGARD AND WOODS über die akkadische
Sprache. Wir finden auf Seite 218: "die
antiken Babylonier und die Assyrer sprachen
die akkadische Sprache".
Niemand, auch nicht der Patriarch, kann den
Namen unserer heiligen Sprache ändern oder
verfälschen!
Syrer, Aramäer, Assyrer oder Chaldäer?
Welche dieser Bezeichnungen kann unser Volk
(inbegriffen die Maroniten und Melkiten)
vereinen?
Ich würde die Frage bevorzugen: Syrer,
Aramäer, Assyrer, Chaldäer, Maroniten und
Melkiten: Welcher dieser Namen kann unsere
Nation vereinen?
Ganz offen gesagt ist es kein Terminus, der
unsere Nation vereinen kann, sondern ein
Wille unsere Geschichte zu kennen wie sie
ist und auf die historischen Studien, die
von bekannten Wissenschaftlern durchgeführt
wurden, zurückzukommen.
Ihr kommt und legt mir den Fall von Gabriel
Afram vor. Keine Universität akzeptiert
seine These.
Wir haben eine Hoffnung; es ist die Rückkehr
durch die Quellen der Maroniten und
Chaldäer, welche gebildete Leute sind, die
niemals eine gefälschte Geschichte
akzeptieren. Wir brauchen dringend junge
Historiker aus allen diesen Namen, um zu
zeigen, dass wir alle die Nachfahren und
Erben unserer Vorfahren, der Aramäer, sind.
Sie arbeiten an einem
Buch über die Identität unseres Volkes.
Könnten Sie uns einige Informationen darüber
geben?
Vater Fiye hatte 1964 eine Studie über die
orientalischen Syrer mit dem Titel "Assyrer"
oder Aramäer? geschrieben. Mein Buch wird
denselben Titel tragen. Es wird eine
arabische Übersetzung des französischen
Textes mit meinen Kommentaren geben und vor
allem eine Studie über den Terminus Assyrer
in den syrischen Texten und ein Resume über
die Geschichte und Geografie der Aramäer.
"Der Prophet", das Buch, das der
maronitische Aramäer Khalil Gibran
geschrieben hatte, galt der Versöhnung
zwischen Christen und Muslimen. Wie soll
diese Versöhnung möglich werden, wenn
Muslime auf unsere Menschenrechte treten?
Die Türken haben mehrere Hundertausend
unseres Volkes massakriert. Die Welt hat
diese Massaker vergessen, denn wir sind in
der Vergangenheit gescheitert
Demonstrationen zu führen, damit die
Großmächte auf unsere Sache aufmerksam
werden. Es ist notwendig, dass wir unsere
Mentalität ändern und es ist auch notwendig,
dass die Aramäer lernen sich zu organisieren
und gemeinsam zu agieren.
Seit Jahrhunderten war "Freiheit" etwas
Fremdes für unser Volk. Das große Maß an
Freiheit in Europa sollte unsere Identität
und Kultur bewahren. Doch es scheint, als
hätten wir noch nicht den Stand erreicht, um
Wert und Bedeutung dieser Freiheit zu
begreifen. Wie sehen Sie die Zukunft unseres
Volkes, das auf der ganzen Welt zerstreut
lebt?
Es gibt in Frankreich mehr als 500 000, die
armenischer Herkunft sind. Sie sind nach dem
Ersten Weltkrieg eingewandert. Ein großer
Teil hat sich assimiliert. Wir laufen
Gefahr, dass wir in 30 oder 40 Jahren
assimiliert sind.
Wir haben die Aramäer, die sich vor und nach
dem Ersten Weltkrieg in den Vereinigten
Staaten niedergelassen haben, verloren. Es
gibt eine tatsächliche Gefahr und man muss
jetzt handeln indem man sich in Vereinen
engagiert, sportliche und kulturelle
Zusammenkünfte, Konferenzen über alles was
sich mit unserer Geschichte verbindet,
fördert. Wir hatten versucht einen Raum in
Paltalk zu haben; wir wünschen uns, einen
Ort des Treffens im Netz zu haben, der all
diejenigen versammelt, die das ändern
wollen.
Haben Sie ein Wort an
die Mitglieder unserer Community? Was
möchten Sie der aramäischen Jugend aus
Deutschland sagen?
Die aramäische Jugend aus Deutschland ist
eine Hoffnung. Es ist notwendig, dass sie
ihre Wurzeln und ihre aramäische Kultur
behält. Ich habe aramäische Seiten besucht
und fand die Seite über Midyat
ausgezeichnet. Schließlich müssen alle
Aramäer gemeinsam "arbeiten".
Ich möchte mich nochmals für das Interview
bedanken, vor allem für die intelligenten
Fragen und ich will demjenigen wieder
danken, der dieses Interview übersetzt.
foushoun bshlomo
Henri Bedros Kifa
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